Der Wiedehopf ist "Vogel des Jahres 2022"

Der Wiedehopf ist „Vogel des Jahres 2022“
Foto: NABU/CEWE/Thomas Hinsche

Der Harlekin unter den Vögeln

Zum zweiten Mal wurde der Vogel des Jahres öffentlich gewählt. Wie im Jahr zuvor mit dem Rotkehlchen entfielen die meisten Stimmen mit dem Wiedehopf wieder auf einen relativ markanten und daher bekannten Vertreter, der bereits 1976 diesen Titel trug. Freilich werden noch relativ wenige von uns diesen Vogel je in freier Wildbahn gesehen haben, da er in Deutschland relativ selten ist. Nach dem Tiefpunkt im Jahr 1996 mit noch ca. 210-280 Brutpaaren hat sich sein Bestand bis ins Jahr 2020 wieder bei geschätzten 800-900 Brutpaaren eingependelt. Dabei hatte er früher ein Ausbreitungsgebiet, das sich bis in die Niederlande und den Ostseeraum erstreckte.

 

Als auffälliges Tier war der Wiedehopf in den meisten Kulturen bekannt. Im Christentum wurde er wegen seiner „Unreinheit“ schnell mit „Sündhaftigkeit“ assoziiert und fand sich im Aberglauben als Helfer und Leibvogel der Teufels wieder. Dagegen galt er in Ägypten als heilig, im Islam erfährt er hohe Verehrung und in China symbolisiert er Frieden und Glück.

 

 

Das Gefieder ist beim Wiedehopf recht auffällig. An den zimtfarbenen Kopf, Nacken und Hals schließt sich ein kontrastreich schwarz-weiß gebänderter Rücken an. Der Schnabel ist relativ lang, dünn und leicht abwärts gebogen; er eignet sich besonders zum Stochern im Boden. Am markantesten ist jedoch seine orangene Federkrone mit schwarz-weißen Spitzen, die er bei Erregung aufrichtet.

 

Trifft der Wiedehopf im April aus seinem Winterquartier südlich der Sahara bei uns ein, hält er nach einem geeigneten Habitat im offenen, warmen und trockenem Gelände Ausschau. Dies findet er in Magerrasengebieten, Streuobstbeständen, Weingärten oder lichten Wäldern. Das Männchen wirbt dabei mit lang anhaltenden Lauten, die an eine Hupe erinnern, um eine Partnerin. Hat sich ein Paar gefunden, sucht es in Maueröffnungen, Steinhaufen, Baumhöhlen oder unter Dachziegeln nach einem geeigneten Nistplatz; Nistkästen werden nur sehr zögerlich angenommen.  Die 6-7 Eier werden ca. 16 Tage bebrütet und die geschlüpften Jungvögel noch etwa einen Monat in der Bruthöhle versorgt. Diese befindet sich oft in Bodennähe oder geringer Höhe, was eine relativ große Gefährdung durch Nesträuber bedingt. Dagegen haben die jungen Wiedehopfe eine besondere Abwehrtechnik entwickelt. Sie sondern einen besonders übel riechenden, dünnflüssigen Kot ab, der die Höhle vor ungebetenen Besuchern schützen soll. So wird der Wiedehopf auch als Stinkvogel bezeichnet und die Redewendung „stinken wie ein Wiedehopf“ hat darin ihren Ursprung. Sind die jungen Vögel flügge, verlassen sie gegen Ende August Mitteleuropa bereits wieder und ziehen in ihre Überwinterungsgebiete.

 

Als wärmeliebender Vogel hat der Wiedehopf seine Hauptverbreitung rund ums Mittelmeer. Im Zuge der Klimaerwärmung könnt er durchaus auch bei uns in Deutschland wieder vermehrt auftreten, wenn ihm geeignete Reviere zur Verfügung stünden. Er ernährt sich von großen Insekten und ihren Raupen. Die im Schwäbischen als „Werre“ bezeichnete und früher als Schädling gefürchtete Maulwurfsgrille gilt als seine Leibspeise, nur kommt sie kaum noch vor. In unserer mit Insektiziden durchsetzten Agrarlandschaft findet er nicht mehr genügend Nahrung. Der Vogel bräuchte extensiv bewirtschaftete, giftfreie Lebensräume, die bei uns immer seltener zu finden sind.

 

In unserer Gegend wird ein Wiedehopf höchst selten zu sehen sein. Vor Jahren wurde von einem Durchzügler im Bereich des Bergrutsches bei Mössingen berichtet. Relativ sicher lässt er sich noch bei einem Ausflug zum Kaiserstuhlgebiet beobachten. In einer der wärmsten Gegenden Deutschlands besiedelt er dort die Rebhänge, die ihm mit ihren Trockenmauern noch geeignete Nistmöglichkeiten bieten. Wünschen wir dem „Vogel des Jahres 2022“ dass er von dort aus vielleicht einmal auch wieder in unseren Streuobstwiesen Einzug findet.

Werner Dürr

 

Mehr zum Wiedehopf auf NABU.de